Im Motorsport ist Öhlins schon lange eine Instanz. Unzählige Meistertitel schmücken die Wände der Hall of Fame im Öhlins Hauptsitz, dem schwedischen Upplands Väsby. Nachdem im Jahr 2015 Öhlins die Partnerschaft mit Specialized bekannt gab und das Carbon Demo exklusiv mit dem edlen Federbein ausrüstete folgten auch weitere Specialized Modelle.
Mittlerweile hat Specialized die Kooperation mit Rock Shox beendet und schickt sowohl die Downhill Fahrer um Loic Bruni, aber auch die Enduro Factory Racer um Jared Graves mit den Federelementen ins Rennen. Lange Zeit waren Öhlins Produkte exklusiv für Specialized verfügbar.
Doch mittlerweile sind sowohl Air- und Coil Dämpfer als auch die Singlecrown Gabeln für den Aftermarket verfügbar. Grund genug sich die Power aus Schweden einmal genauer anzuschauen. Wir hatten die letzten Wochen die Öhlins RXF 34 mit 160mm Federweg im Test.
Technische Details zur Öhlins RXF 34
- Federweg: 120mm, 140mm, 160mm
- Tauchrohre: 34mm
- Offset: 46mm
- Empfohlene Laufradgröße: 29” (650b+ und 650b möglich)
- Luftkammern: Zwei Positiv Luftkammern, eine Negativluftkammer
- Einstellungsmöglichkeiten: Highspeed Compression (5 Clicks), Lowspeed Compression (24 Clicks), Lowspeed Rebound (24 Clicks), Federrate/Progression extern einstellbar über Luftdruck
- Achse: 15x100mm (kein QR sondern fixierung mit zwei Schrauben)
- Garantie: 2 Jahre
- Gewicht: 2050g (Herstellerangabe), 2200g (selbst gewogen)
- Preis: 1.215€ (1.323,88 € UVP)
Erster Eindruck der Öhlins RXF 34
Öhlins hat es geschafft von Null auf Hundert die Gelüste aller Mountainbiker zu erwecken. Denn wenn es um die Produkte aus dem Hause Öhlins geht zählt nur noch der Drang es zu montieren. Das ging uns nicht anders, denn es war Liebe auf den ersten Blick. Statt protziger Decals entschied man sich bei Öhlins für ein schlichtes Design. Statt bekannter Technologien adaptierte man die, mehr als erfolgreichen, Dämpfungssysteme aus dem Motorsportbereich in dem Öhlins schon seit Jahrzehnten eine Macht ist.
Dennoch kommt es bei einem Performance Bauteil wie einer Gabel oder einem Federbein mehr auf die inneren Werte an und die Konkurrenz ist groß. Branchenriesen wie FOX oder Rock Shox behaupten die Krone für sich und liefern mit der Rock Shox Pike / Lyrik (Chargerdämpfung) beziehungsweise FOX mit der 34 / 36 (FIT4 Dämpfung) extrem gute Kontrahenten ab.
Das Chassis der Öhlings RXF 34
Sofort fällt das geübte, aber ungeübte Auge auf die Unicrown der RXF 34. Steuerrohr und Gabelkrone sind nicht aus zwei einzelnen Teilen geformt, sodern aus einem Stück Aluminium gefertigt. Als Ergebnis findet man einen integrierten Gabelkonus und ein Design, dass deutlich mehr Steifigkeit bringen soll. Der integrierte Gabelkonus ist allerdings auf das untere Lager von Specialized Headsets optimiert.
Sollte man die Gabel allerdings mit einem Nicht-Specialized-Headset kombinieren, so müsste man im schlimmste Falle ein neues Steuersatzlager beschaffen um die Öhlins Gabel einzubauen. Durch das Fehlen der Dichtungsgummis am unteren Steuersatzlager ist die Öhlins natürlich extrem anfällig für Schmutz. Also gut fetten!
Die Öhlins 34er Standrohe, in Kombination mit der Unicrown Gabel sollen die RXF 34 genau so steif machen wie Gabel mit 36mm Standrohren der Konkurrenz. Auf der Waage ist Sie dann allerdings etwas schwerer als Vergleichbare Gabeln aus dem Trail Segment.
Gewichtstechnisch ordnet Sie sich eher auf einem Level mit der Fox 36 ein. Denn mit ihren 2.100g liegt sie etwa 200g über dem 34er Pendant von Fox.
Funktionsweise der TTX Dämpfung
Nachdem wir bisher auf die Äusserlichkeiten der Öhlins RXF eingegangen sind sollen natürlich auch die inneren Werte beleuchtet werden. Denn sein wir einmal ehrlich: Die schönste Gabel nützt nichts wenn man mit ihr nicht essen kann – in unserem Falle wenn sie keine Wurzeln wegschluckt.
Durch das Debüt im Mountainbike Sektor hatten die Ingenieure bei Öhlins die Aufgabe, die bekannte TTX Technik in ein viel schmaleres Chassis zu bringen.
Letzten Endes bleibt jedoch nicht wirklich viel von der Öhlins Technik, die aus dem Motorsport bekannt ist, in der RXF34. Dennoch bleibt die grundsätzliche Architektur gleich.
Öhlins hat das bekannte Twintube System benutzt. Bei diesem “Rohr in Rohr” Design arbeiten Öl und Dämpfer in einem Standrohr. Im Optimalfall rezirkuliert das Öl zwischen den beiden Kammern, was niedrige Innendrücke zur Folge hat und somit weniger Durck auf Ventile und Dichtungen. Durch diese komplizierte Bauweise verlangt Öhlins aber auch, dass der Service nicht in der hauseigenen Werkstatt von statten gehen soll.
Die TTX Technologie benutzt ein federgesichertes IFP statt einer Blase wie man sie aus einem FiT4 oder Charger System kennt. Auch die Luftfeder unterscheidet sich von anderen Herstellern. Statt einer positiv und einer Negativluftkammer hat die Öhlins RXF eine eine dritte Luftkammer die über ein Schraderventil am unteren Rechten Gabelbein abgestimmt wird. Diese Dritte Luftkammer dient der Anpassung an Fahrergewicht und Fahrstil.
Gleichzeitig ist die dritte Luftkammer ein Schutz vor Durchschlägen. Am einfachsten zu vergleichen mit der Funktion der Tokens bei einer FiT4 oder Chargerkartusche. Die Vorteile liegen auf der Hand: Statt eines komplizierten Token-Tauschs greift man einfach zur Gabelpumpe.
Auf dem Trail mit der Öhlins RXF 34
Selten waren wir auf ein Testmuster so gespannt wie auf die Gabel von Öhlins. Natürlich stellt sich die Frage: Warum genau? Im Vorfeld waren die Öhlins Gabeln nur für Specialized Räder verfügbar.
Aus diesem Grund ging es mit der Enduro Forke auf die Hometrails im Süden Dortmunds sowie zum Season Opening im Bikepark Willingen. Idealste Testbedinungen für alles was eine moderne Federgabel mitmachen muss. Von endurolastigen Touren, bis hin zum herzhaften Ballern im Bikepark war also alles dabei, was in einen breit-gefächerten Testbericht gehört.
Anhand der, auf der Gabel aufgedruckten Tabelle, gibt Öhlins einen ersten Startpunkt um das richtige Setup zu finden. Dies sind allerdings nur Hinweise. Im Laufe des Tests hatten wir eigentlich immer die Gabelpumpe im Gepäck.
Zugegeben, bei aller Euphorie, am Anfang waren die ersten Trailmeter relativ ernüchternd. Penibel hatten wir uns an die Tabellen gehalten. Nach der dritten Abfahrt schlich sich jedoch ein, alles verändernder, Tipp vom Öhlins Fachmann, wieder ins Gedächtnis.
“Probier nicht soviel an der Positivluftkammer herum, sondern an der Negativluftkammer”
Wie von Zauberhand veränderte sich, trotz nur wenig PSI Unterschied, das Fahrverhalten enorm. Während wir bei der Ursprungseinstellung, noch das Problem von Durchschlägen hatten, legte sie dieses Problem gänzlich nachdem wir die Einstellung an der Negativluftkammer vorgenommen hatten.
Schon in der Basiseinstellung hatte die Öhlins RXF 34 ein superbes Verhalten im mittleren Federweg. Zwar stand sie, Aufgrund des sehr plushigen Verhaltens sehr tief im Federweg, dennoch war das Ansprechverhalten durch die Bank akzeptabel.
Nachdem wir ein wenig mit der Gabel auf und neben dem Trail experimentieren durften. Zeigte sich jedoch ein anderes Bild. Ein Bild, was dem der Flachblätter und Factory Fahrer sehr übereinstimmte.
Die Öhlins RXF 34 ist eine Macht! Die Erfahrung aus dem Motorsport zeigt sich deutlich in der Performance des Federelementes. Jede, noch so kleine Änderung an den Einstellung hat eine spürbare und ausschlaggebende Veränderung der Gabel mit sich gebracht.
Das, schon angesprochen, Chassis der Gabel hat eine unglaubliche Performance. Fast bewundernswert ist es wie sie mit Torsionskräften umgeht. Zu keinem Zeitpunkt hatten wir das Gefühl, dass die Gabel nicht vernünftig läuft. Auch das Feedback von Gabel zu Fahrer ist wunderbar – von Spiel an den Tauchrohren keine Spur.
Fazit der Öhlins RXF 34
Die TTX Dämpferfunktion hat eine ausgezeichnete Performance! Egal ob Wurzelfeld, kleinere Drops oder gar ein Steinfeld – die Öhlins steht wunderbar im Federweg und reagiert sogar ein “µ” schneller als die 2016er Fox mit FiT4 Kartusche.
Auch bei kleineren Schlägen bleibt sie butterweich und fühlt sich an wie ein Skalpell auf dem Trail.
Bei der Öhlins RXF 34 stimmt einfach alles. Wenn da das leidige Thema des Preises nicht wäre. Sie ist etwa 100€ teurer als die Fox 34 hat aber leider auch einiges mehr auf der Hüfte. Letzten Endes besticht sie aber weder durch Design, Gewicht oder Preis sondern vielmehr durch brachialer Performance