Man mag es kaum für möglich halten, dass das dänische Küstengebiet optimale Trainigsmöglichkeiten für Mountainbiker offenbart. Falsch gedacht!
Singletrails, Wurzelpassagen und knackige (leider sandig und kurze) Anstiege in den Dünen Norddänemarks ließen zwar kein alpines Feeling aufkommen, zeigten jedoch die unglaubliche Vielfalt des Landes. Und es kam die Erkenntnis, dass man einen Strandurlaub ziemlich gut mit Ausdauertraining kombinieren kann. Als persönliches Ziel hatte ich mir im Vorfeld eine Route ausgesucht, die mich von der Hafenstadt Hirtshals an der Nordsee nach Fredrikshavn an der Ostsee führen sollte.
Der kleine Ferienort Tversted in der Tanisbucht ist jedoch nicht für seine Trails bekannt sondern eher für sein Eis und die Landschaft. Letzteres erwies sich dann als sehr facettenreich. So war vom „Dünendownhill“ bis zum Konditions-Gebolze im Nadelwald alles dabei.
Eher ungeplant stolperte ich die ersten Tage durch den knapp 500 Meter entfernten Wald. Großartig orientieren brauchte ich mich zunächst nicht, denn aus vergangenen Urlauben waren mir Teile der Strecken schon bekannt, wenn auch nur „laufender Weise“.
Für die ersten Tage besorgte ich mir beim Turistbüro eine Karte mit den Wanderwegen der Tversted Klit Plantage. Diese waren auch offiziell zum Biken ausgelegt.
Etwas, was man sich hier kaum vorstellen könnte. So gab es verschiedenste Routen, die man auch untereinander kombinieren konnte, da es einen zentralen Dreh- und Angelpunkt im Wald gab. Relativ fix hatte man so eine passable 25 km Runde über Wurzeln, Holzstufen, Nadelboden oder Sand zusammen. Wahrlich nicht viel, aber trotzdem flowig und spassig.
Die Route war geprägt vom ständigen Wechsel zwischen den Vegetationen. Vom Wald und Seengebiet ging es übergangslos auf sandige Singletrails in den Dünen und direkt wieder in den nah am Meer gelegenen Nadelwald. Ein tolles Erlebnis, auf dem einen Ohr das Rauschen der Wellen zu hören und auf dem anderen das Zwitschern der Vögel. Und zwischendurch immer wieder die grobstolligen Pneus, die sich in den festen Waldboden graben. – So gut kann nicht einmal die motivierenste Playlist sein!
Doch das ausgeschriebene Ziel war immer noch der Nord-/Ostsee Cross. So nutzte ich die Tage, um etwas Sonne zu tanken und Kondition aufzubauen … und um die tolle Natur zu genießen*.
Auch wenn man das eine oder andere Mal so leichtsinnig war, ohne Werkzeug aus dem Haus zu gehen:Die Quittung gab es im Handumdrehen! Aber wie es der Zufall so wollte konnte ich meinen Plattfuß dank der Hilfe eines Norwegers schnell beheben und musste nicht die 15 km mit geschultertem Bike nach Hause laufen.
Da fühlte man sich schon etwas international, als man als Deutscher mit einem Norweger in Dänemark auf englisch sein Rad reparierte und sich über die Wege und Trails austauschte.
Und irgendwie rannte die Zeit davon. So hatte ich auf diversen Touren in den 12 Tagen zwar knapp 400 km gesammelt, nicht jedoch das eigentliche Ziel erreicht. Der Freitag vor der Abreise war mit 24 Grad und blauem Himmel auch nicht gerade förderlich für die Motivation.
Aber wo kommen wir hin, wenn wir die Ziele, die wir uns setzen aus Faulheit, Trägheit oder Gleichgültigkeit nicht erreichen?
Trinkblase gefüllt, Riegel eingepackt, Helm auf und ab aufs Rad! Der Startpunkt war der Urlaubsort Tversted, ein kleines, verschlafenes Stranddorf, dass nur durch die Touris zum Leben erweckt wird. Es ging zunächst Richtung Westen. Mit kleinen Schlenkern im Uggerby Skov, am wohl schönsten Platz überhaupt, vorbei über Trails und immer mal wieder die Waldautobahn.
Aber dann mit richtig Kette. Über Kjul und Kjul Stranden führt der Weg letztendlich nach Hirtshals. Wenn auch zum Schluss leider mehr auf Asphalt als auf Waldboden. Letztendlich kam ich über Umwege, eine Einkaufszone und eine komplette Hafenrundfahrt endlich am höchsten Punkt in Hirtshals an. Am Hirtshals Leuchtturm und dem nahe gelegenen Bunkermuseum, einem Relikt aus der NS Zeit. – Aber im Endeffekt siegte die Neugierde über das Unbehagen.
Das erste Viertel der Strecke war geschafft und zumindest die Nordsee hatte ich an diesem Tag erreicht. Ab aufs Rad und weiter gepushed, über die Dünen, Wurzeln des angesprochenen Hometrails ging es Richtung Osten. Leider hieß es ab Skiveren, einem kleinen Touristendorf, nur noch „Asphalt lässt mich kalt“. Über 10 km summten die Schwalbe Hans Dampf monoton auf dem Asphalt, bevor ich endlich Rabjerg Mile und die anliegende Bunken Klitplantage erreichte und endlich wieder Waldboden unter die Reifen bekam. Waldboden war auch etwas optimistisch gedacht.
Auf einem Sand/Brechschottergeschmisch kämpfte ich mich durch die Bunken Klitplantage, einem ausgedienten Militärstützpunkt an der Ostseeküste Dänemarks.
Dann erreichte ich endlich die letzte Dünenkette, die mich von der Ostsee und dem ausgeschriebenem Ziel entfernte. Das Bike geschultert und die letzten Schritte gewandert… Ein absolut geiles Gefühl, wenn sich dann das azurblaue Meer vor dir auftut!
Alles in allem: Ein toller Trip mit 12 Sonnentagen von 13 effektiven Urlaubstagen und knapp 400 zurückgelegten Waldkilometern bei gefühlten 5 Höhenmetern 😉
Sicher kein Mont Blanc, Sicher kein Alpes D’huez. Aber genau die richtige Vorbereitung für die Enduroseries in Willingen und die Gewissheit, dass es sich immer lohnt Herausforderungen anzunehmen!
Die Karte
*Erst solche Tage zeigen jemandem den Unterschied zwischen bevölkerungsarmer Küstenstadt und der Metropole Ruhr so richtig. Ein echter Luftshock.