Da ist er wieder. Der innere Schweinehund. Er liegt auf der Couch, guckt Game of Thrones, House of Cards und Two and a half Men. Er stopft Chips in sich hinein, und bewegt sich höchstens zum Kühlschrank um sich ein Getränk zu holen.
Eine Ausrede hat er immer parat. „Es ist zu warm“ hört man im Sommer des Öfteren von Ihm. Im Winter ist er auch nicht um Ausreden verlegen, denn da ist es zu kalt. Man kann es ihm einfach nicht recht machen.
Zittern musste der innere Schweinehund erst als Apps wie Runtastic auf den Markt kamen. Locker lässig wurde man über die sozialen Medien motiviert. „Heinz-Dieter hat eine Runtastische Aktivität begonnen“. Klar, dass man sich da auch aufraffte um seiner Facebook Gemeinde zu zeigen wie sportlich man ist. Also rauf auf den Hobel und ab auf den Trail.
Das funktionierte ganz gut, bis man an einen Punkt kam, wo es einfach nicht mehr motivierte. Direkt machte sich der innere Schweinehund wieder breit, und man wurde aufs Sofa gezerrt um die neuesten Episoden der Lieblingsserie zu gucken. Aber was hat Strava jetzt damit zu tun?
Durch Zufall sah ich, dass viele aus meiner Social Media Timeline ihre Zeiten mit Strava begannen zu tracken. Der (Teilzeit-)Nerd in mir ist für jede technische Spielerei zu haben. App installiert, und rumprobiert. Nach nicht einmal einer aufgezeichneten Tour verschwand dann wieder Strava von meinem Handy. Bis Anfang des Jahres. Der Account wurde reaktiviert. Die erste Runde wurde gefahren, locker lässig Uphill, mit etwas Hackengas die Hometrails gefahren. Aktivität beendet. „Ist ja wie jede andere App“. Das Bike wurde ins Auto gewuchtet und es ging ab nach Hause. Der Schweinehund wollte mit mir auf die Couch – Serien gucken.
Doch dann der (Im Rückblick fatale) Griff zum Handy. „Wo bin ich eigentlich lang gefahren?“ „Wieviel Höhenmeter hab ich gemacht?“ und „Wie schnell war ich“. All das beantwortete Strava nicht auf den ersten Blick. Der Fokus ging auf den kleinen grauen Pokal. „Was steckt dahinter?“ Und sofort war die Neugierde des (Teilzeit–)Nerds geweckt. Ich war Trails gefahren, die andere schon vor mir gefahren sind. Akribisch wurde die digitale Umgebung auf der Map abgesucht.
„Okay hier war ich langsamer, aber auf dem Stück schneller, und auf meinem Trail bin ich … WAS? VORLETZER?“
In feinster Barney Stinson Manier ertönte es in meinem Kopf „HERAUSFORDERUNG ANGENOMMEN“
Was am nächsten Tag geschah, war klar. Aufs Bike, und den KOM jagen. Nur ein Ziel. Die Lines treffen, und ordentlich Hackengas. Die Kette? Natürlich rechts! So ging es ab auf den Trail. Mit Musik im Ohr wurde alles ausgeblendet. Soll Aaron Gwin doch UCI Worldcup in Windham gewinnen. Ich will die Krone am „A45 Upper Flow!“ Sturz beim ersten Mal. Okay! Es ist noch kein Jared Graves vom Himmel gefallen. Nächster Versuch! Flüssig geht es durch den Trail. Und ich bin zufrieden mit meiner Leistung. Es folgen noch Abfahrten über diverse Trails. Am Ende des Tages brennen die Beine.
Die nächsten Tage gehe ich dann meinen Mitmenschen auf den Senkel, dass ich diesen oder jenen Trail auf STRAVA fahren muss. Augenrollen meines Gegenübers ist inklusive. Immerhin steht das nächste Wochenende ein Besuch im Bikepark Willingen auf dem Plan. Nach meinem Verkorksten Rennlauf bei der Enduroseries habe ich noch ein Hühnchen mit der Strecke zu rupfen. Die passenden digitalen Gegner habe ich schon gefunden. Fabian Scholz, Anneke Beerten und Greg Callaghan.
Doch ist das die Essenz des Mountainbikings? „Ballern“ um jeden Preis? Will man sich mit den Profis um jeden Preis messen? Gibt es digitale Befriedigung wenn man jemanden von seinem KOM-Thron gestürzt hat? Oder sollte es nicht vielmehr das Ziel sein „Sauber“ und „Sicher“ zu fahren? Die jüngste Vergangenheit hat uns gelehrt, dass man als Hobbyfahrer nicht so routiniert ist, wie ein Aaron Gwin, oder Jared Graves.
Zeit den Fakten ins Auge zu sehen: Wir messen uns gerne untereinander, aber eigentlich genießen wir doch die Herausforderung an uns selbst. Ob jetzt ein uralter STRAVA Rekord gebrochen wurde, wird zur Nebensache wenn man Spaß unter Freunden in der Natur hat.