Continental ist mit Sicherheit eines der größten und bekanntesten Radsport Unternehmen Deutschlands, wenn nicht sogar weltweit. Gleichermaßen vertrauen Profis und Hobbyfahrer auf die Pneus aus Korbach. Moment? Kor-was?
Etwas mehr als 30 Kilometer entfernt von der ehemaligen Worldcupstrecke in Willingen residiert das Weltunternehmen Continental im Ort Korbach. Mit nur knapp 24.000 Einwohnern den meisten Wohl kein Begriff. Hier werden allerdings Reifen von Weltklasseformat gefertigt. Handgemacht – in Deutschland.
Die Skyline Korbachs wird dominiert vom hohen Rauchturm der Firma Conti. Aber auch seine Einwohnerzahl hat Korbach dem Radsportriesen zu verdanken. Viele der insgesamt 3500 Arbeiter wohnen mit ihren Familien in dem gar nicht mehr so kleinen Ort im Sauerland.
(Hand)Made in Germany
In Übersee gilt der Slogan „Made in Germany“ noch immer als Qualitätsmerkmal. Auch Continental reiht sich in die Riege der großen deutschen Firmen ein, die überall auf der Welt einen hervorrangeden Ruf genießen.
Und ebene jene kleine Stadt im beschaulichen Sauerland ist der Herkunftsort, aus dem viele erfolgreiche Profis ihre Pneus beziehen. Von Andreu Lacondeguy über Martin Söderström bis hin zu den Worldcupfahrern des Madison Saracen Factory Race Team
Schaut man sich Korbach aus der Vogelperspektive bei Google Maps an, stellt man schnell fest, wie riesig die Produktionshallen sind. Und so wandern täglich tausende Mäntel, Schläuche und Schlauchreifen von Korbach hinaus in die weite Welt des Radsports.
Traditionell & Bodenständig
Auch wenn viele Firmen den Hauptteil, oder gar die komplette Produktion nach Fernost auslagern hält man bei Conti am Standort Korbach fest. Der Standort Korbach ist in vielerlei Hinsicht wertvoll für Conti. Zum einen hat man hier die Möglichkeit schnelle, unkomplizierte Wege zwischen Entwicklung und Produktion zu gehen. Zum anderen profitiert der Kunde von dieser Entscheidung. Warum? Die Gründe sind einfach zu nennen: Qualitätskontrolle und personelles Know How!
Begibt man sich auf den Weg durch die schier unendlichen Hallen der Reifenproduktion, hat man unweigerlich das Gefühl in der Zeit gereist zu sein. Doch der Schein trügt. Auch wenn die Maschinen den Eindruck vermitteln, dass sie Ihren Zenith überschritten hätten so stellte Marco Bühler klar, dass regelmäßig die Maschinen auf den neuesten Technischen Stand gebracht werden. Wie beim Endprodukt aus dem Hause Conti, kommt es letztendlich auf die Inneren Werte an.
Ein Reifen – Mehr als nur Gummi
In vielen Köpfen steckt der Gedanke, dass ein Reifen ja nicht viel mehr ist, als eine Gummirolle mit Noppen. Jedoch ist es nicht nur auf den ersten Blick, viel mehr als das. Jahrelange Entwicklung, ausgiebiges Testen und der support der Pro-Rider fließen in die Produktion eines Reifen mit ein.
Auch wenn sich an der Grundlegenden Fertigung in den letzten Jahren nicht viel getan hat, so haben sich doch Materialien und Profildesigns enorm weiterentwickelt. Neue Gummimischungen machen die Reifen griffiger denn je und neue Stollenanordnungen finden den Mittelweg zwischen Grip und Rollwiderstand.
Der Entstehungsprozess
Folgt man dem Weg eines Reifen durch das Conti Werk, muss man ordentlich Kilometer machen. Die erste Station ist der Kalandersaal. Aus großen Gummiklumpen formen die Walzen eine gleichmäßige Form. Zwischendurch knallt es immer mal wieder laut. Marketingmanager Marco gibt Entwarnung „Das sind Luftblasen im Gummi die herausgepresst werden.“ Im Kalandersaal werden die Karkassen vorbereitet. Das Heisst, dass das Gewebe wird in die Gummimischung eingepresst. Der Kalandersaal ist lang. Das hat seinen Grund. Die streng geheime Gummimischung namens Black Chilli wird mit einem sehr groben Gewebe Überzogen.
Es geht in die erste Etage. Nächste Station: Gewebe schneiden. Das konfektionierte Rohmaterial wird im Winkel von 45° geschnitten. So können die Fäden im Gewebe immer über kreuzliegen um sich gegenseitig zu stützen. So wird die Karkasse des Reifens fester.
Feinste Handarbeit
Schließlich kommt das Material auf die Rolle. In Handarbeit werden auf den Rohling die Lauffläche aufgetragen und verklebt. Alle „offenen Reifen“ durchlaufen diesen Prozess. Offene Reifen sind alle Reifen, die keinen Schlauch eingearbeitet bekommen. Unterschiede zwischen Draht- und Faltreifen gibt es nur bei der Wahl des Kerns. Faltreifen werden mit einem flexiblen Aramidkern ausgestattet, während Drahtreifen den, wie der Name schon sagt, Drahtkern bekommen.
Als finalen Feinschliff bekommen die Rohlinge Ihre Vulkanetten. Einfacher gesagt, sie werden beschriftet. Die Vulkanetten sind die Seitenbeschriftungen die Firmenname und Produktname enthalten.
Erst jetzt folgt das, was dem Reifen sein charakteristisches Äusseres verleiht – das Profil. In der Vulkanisation ist es laut, heiss und endlich riecht es nach Gummi. Egal ob Winter oder Sommer, hier trifft man niemanden mit Jacke oder Pullover. Wehleidig klagt Marco „Im Sommer können es auch mal gut und gerne an die 40 Grad hier drin werden.“
Grund für das Subtropische Klima im inneren der Halle sind die großen Heizpressen in denen die Reifen entstehen. Man kann es sich wie ein Waffeleisen vorstellen. Die Rohlinge aus dem vorherigen Schritt werden im wahrsten Sinne des Wortes in Form gebracht. Für 180-200 Sekunden wandert der Rohling in die Form und wird unter ordentlich Druck in die negativform gepresst. Es entsteht Quasi ein schwarzer Diamant. Aus Gummi. Zum ballern.
Gut, zugegeben hinkt dieser Vergleich etwas. Dennoch ist der Herstellungsprozess bzw Veredelungsprozess ähnlich kompliziert. Der, in der Heizpresse in die negativform gepresste Rohling vulkanisiert aus, wird fest und bekommt so seine charakteristische Form.
Hat man sich einmal im Entwicklungsprozess für eine Profilform entschieden wird es teuer, die Profilform zu ändern.
Eigentlich wäre der Reifen jetzt fertig und könnte in den Verkauf gehen. Wenn Conti nicht so hohe Qualitätsansprüche an ihre Produkte hätte. Auf dem Prüfstand werden dann alle Reifen auf Sicht geprüft. Stichpunktartig werden dann Reifen vermessen unter Aspekten wie Gewicht und Materialstärke.
Im Prüfstand an sich werden Dauerhaltbarkeit, Rollwiderstand und auch der Übersprungsdruck getestet. Letzterer ist der Test, bei welchem Luftdruck der Reifen aus der Felge springt.
Sein Geld wert
Der Reifen ist wohl der am häufigsten unterschätzte Part am Rad. Mit viel Liebe, Leidenschaft und Wissen werden die Reifen in Korbach gefertigt und wandern hinaus auf die Trails der Welt. Nach der Tour durch die Fertigung bei Conti haben selbst wir einen vollkommen anderen Blick auf die Reifenproduktion.